Paul Kehrli: 1. Oktober 1931 - 11. Mai 2015

Ein neuer Lebensabschnitt beginnt mit 78 Jahren... ich bin verwitwet.

 

Aus meinem Tagebuch

 

Diese Hände

Ein Bild begleitet mich immer wieder, es gibt heute Kameras mit x tausend Bildern in der Minute. So ungefähr habe ich Pauls Hände in mir aufgezeichnet in der Sterbestunde. Hände, seine Hände, die ich so liebte. Hände, die mich zärtlich berührten, mich beschützten, die viel von seinen warmen Gefühlen ausdrücken konnten. Die meine oft kalten Hände erwärmten. Schöne, elegante Hände, die auch zupacken konnten, die ohne Rast immer zum Helfen, zum Arbeiten bereit waren.

Alles veränderte sich, als Pauls Krankheit Alzheimer/Demenz vor 10 Jahren begann. Da wurden es manchmal Hände die mich so hart packen konnten, dass ich Angst bekam, er würde mir die Gelenke brechen. Hände, die mich schlugen, weil ich ihn nachts nicht hinausgehen liess. Oder beim Abschied dann im Heim. Wenn er verzweifelt versuchte, mich am Weggehen zu hindern.

Aber nun in der letzten Stunde waren es seine geliebten, kostbaren, teuren, wunderbaren Hände. Der dritte Tag mit Lungenentzündung. Erst klammerten sie sich ans Holzgestell seines Bettes, er wollte sich noch aufrichten, weil die Atmung mühsam wurde, oder er an Beklemmung durch den Schleim auf der Lunge litt. Meine Worte, das sanfte Zufächeln von Luft beruhigte ihn. Die feste Umklammerung liess nach, das krampfhafte sich-festhalten-wollen löste sich nach und nach, Kraft und Farbe wichen zusehends, erschlafften, sanken entspannt an seine Seite. Noch sehe ich die blasse Innenseite. Ruhende, entspannte Hände.

In unzähligen Bildern nehme ich Abschied von seinen Händen. Hände, die so vieles vollbrachten, werkten, anpackten, andere Hände umfingen mit warmem Druck, Freundschaft ausdrückend. Hände die mit allem zu arbeiten wussten, mit Holz, Beton, Pflastersteinen, Farben, auch künstlerisch mit Holzbrennen. Seine Jahre in Afrika im Urwald als Camp Manager haben ihn wohl sehr geprägt.

Eine besondere Gabe auch mit Erde umzugehen: Selbstversorger, Gemüse, aber auch viele Blumen. Sähe ich all die Blumen die er aussäte, verpflanzte, begoss, könnte ich die Berge Gemüse sehen, die er erntete, oh Paul, ich danke Dir!! Gedenken, es tut gut und schmerzt, Danken hilft wieder zu trösten. Und dann muss ich mich wieder aufmachen, ein neuer Tag, ich lebe und darf nicht zu lange zurückschauen.

Wie weiter? Prioritäten setzen. Sich Aufgaben stellen, vorwärts gehen. Auch heute hören, was mir der Herr aufträgt. Ich möchte wieder auf Schatzsuche gehen: Herr, wer braucht Zuspruch, Trost, Hilfe? Was trägst Du mir auf?

Herr, hier bin ich, sende mich. 

 

Links zum veröffentlichten Tagebuch:

Vorwort: https://alzheimer.ch/de/angehoerige/das-tagebuch/magazin-detail/191/bruchstueckwerk/

Inhaltsverzeichnis: https://alzheimer.ch/de/angehoerige/das-tagebuch/

 

 

 

 

Meine Freundin Vreni Amsler
Meine Freundin Vreni Amsler

(Todestag 15. Januar 2008)

 

Eine Freundin zu verlieren nach 30 Jahren hinterlässt eine grosse Lücke. Es braucht ein langer Prozess des Verarbeitens. Ich tue mich schwer, war mir Vreni doch wie eine "Lokomotive", die mit ihren vielen Ideen und Impulsen mein Leben bereicherte.

 

 

 

 

 

 

Meine Malmeisterin Heidi Gübeli
Meine Malmeisterin Heidi Gübeli

 

 

An einer Seniorenmesse in Zürich (damals war ich 54) traf ich Heidi, die an ihrem Stand wunderschön bemalte T-Shirts, Taschen, Tüchlein und Schirme anbot. Auch viele Holzgegenstände, Kleiderbügel, Schatullen (in Bauernbarock- und Ölmalerei) hatte sie ausgestellt. Heidi war damals 60jährig und voller Initiative und Begeisterung.

 

Heidi lud mich mehrmals zu sich nachhause ein nach Hedingen, brachte mir die Kunst des Bauernmalens bei und lehrte mich das Stoffmalen.

 

Paul stellte dann Kinderstabellen her, die ich unter Anleitung von Heidi bemalen lernte.

 

 

Über viele Jahre verband uns eine wunderbare Freundschaft. Heidi verstarb im Februar 2007. Ihr verdanke ich das exakte Bemalen von Holz und Stoffen und das "Dranbleiben", auch im Alter.